Trotz weiter steigender Infektionszahlen hat die AfD am 28./29.11. ihren Bundesparteitag in Kalkar (NRW) als Präsenzveranstaltung durchgeführt.
Von Aufstehen gegen Rassismus (AgR) sowie unseren Bündnispartner*innen vor Ort haben wir regional dagegen mobilisiert. Zahlreiche Organisationen, Initiativen und Parteien unterzeichneten den Aufruf. Dem Aufruf zu protestieren folgten am 27. und 28.11. rund 1000 Antifaschist*innen und Antirassist*innen. Angesichts der Pandemie haben wir bewusst auf eine bundesweite Mobilisierung nach Kalkar verzichtet — wie etwa im vergangenen Jahr gegen den AfD-Bundesparteitag in Braunschweig, wo mehrere 10.000 an den Gegenprotesten teilnahmen.
Dennoch haben wir auch in Kalkar ein deutliches Zeichen gesetzt: Gemeinsam haben wir nicht unwidersprochen gelassen, dass sich die AfD als politische Speerspitze einer neuen rechten Straßenbewegung von Corona-Wutbürgern und Neonazis inszeniert. Der Super-Spreaderin von antisemitisch codierten Verschwörungsmythen, Hass und Hetze gegen Geflüchtete, Muslim*innen, Menschen mit Migrationsgeschichte sowie gegen Andersdenkende und -lebende haben wir unseren bunten und vielfältigen Protest und unsere Vision eines solidarischen Miteinanders entgegengestellt — mit Abstand, Maske und Rücksicht aufeinander!
Nachfolgend dokumentieren wir einige Eindrücke der Protestaktionen sowie den Redebeitrag von Aufstehen gegen Rassismus bei der Abschlusskundgebung am Samstag, den 28.11.2020 in Kalkar.
Redebeitrag von Aufstehen gegen Rassismus bei der Abschlusskundgebung am Samstag, den 28.11.2020 in Kalkar
Liebe Antifaschist*innen, liebe Freund*innen,
Ich begrüße Euch herzlich im Namen des bundesweiten Bündnisses Aufstehen gegen Rassismus. Wir protestieren heute gegen den Parteitag der AfD und sagen ganz klar: Die AfD ist keine demokratische Partei. Sie hat einen starken faschistischen Flügel, der seinen Einfluss ausbaut – unabhängig davon, dass sich der Höcke-Flügel offiziell auflösen und Kalbitz und andere Bauernopfer die Partei verlassen mussten.
Auch wenn die AfD sich noch so oft als Verteidigerin von Grundgesetz und Demokratie aufspielt: Sie ist und bleibt eine Gefahr:
- Sie hetzt gegen Muslime und Geflüchtete, gegen Juden und Jüdinnen und gegen Andersdenkende. Damit liefert sie die Stichworte für rechte Terroristen. Wir stehen heute hier gegen die geistigen Brandstifter der Anschläge auf die Synagoge und den Döner-Imbiss in Halle, sowie auf die Shisha-Bars in Hanau. Wir trauern um die Toten. Wir vergessen nicht. Rassismus ist tödlich. Damit muss Schluss sein!
- Die AfD verharmlost die Pandemie und sie verharmlost den Faschismus. Sie fabuliert von „Diktatur“ oder „Ermächtigungsgesetzen“ und versucht so, sich als politische Speerspitze einer neuen rechten Straßenbewegung von Corona-Wutbürger*innen und Neonazis zu inszenieren. Bei Querdenken-Demos marschierten AfD-Politiker*innen Schulter an Schulter mit NPD, III Weg und Nazi-Hools durch Berlin, Frankfurt und Leipzig. Um eines klar zustellen: Es ist völlig legitim, einzelne Corona-Maßnahmen zu kritisieren. Aber es ist nicht legitim, den Holocaust zu verharmlosen und Nazis eine Bühne zu bieten. Wir leben nicht in einer Diktatur. Wir wollen eine faschistische Diktatur verhindern. Deshalb sind wir heute hier und stehen auf gegen die Hetze der AfD. Denn Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
- Die AfD ist frauenfeindlich. Das stellt sie mit ihrem Leitantrag für Kalkar erneut unter Beweis. Wenn es nach der AfD geht, soll der psychische Druck auf ungewollt schwangere Frauen massiv erhöht werden. Die AfD präsentiert sich hier in Kalkar als radikale Abtreibungsgegnerin und hetzt gegen alle, deren Lebenskonzepte nicht in ihre rückwärtsgewandte Vorstellung von Familie passen.
- Die AfD ist nicht die Partei der kleinen Leute, wie sie versucht vorzugeben. Sie verbreitet die neoliberale These, die Sozialsysteme und Renten seien bedroht weil es zu wenig Kinder gäbe. Das ist vielfach widerlegt. Anstatt solidarische Lösungen für soziale Probleme zu suchen, Unternehmer*innen in die Pflicht zu nehmen und Wohlstand gerecht umzuverteilen, spielt sie verschiedene benachteiligte Gruppen sowie Eltern und Kinderlose gegeneinander aus. Wir sagen: Solidarität muss für alle da sein!
- Tatsächlich geht es der AfD darum, dass bio-deutsche Frauen mehr Kinder bekommen. Deshalb prahlt sie mit ihrer Forderung nach einem Kinderbonus – natürlich nur für Deutsche. Eine solche Forderung ist nationalistisch und rassistisch. Sie soll die Arbeiterbewegung spalten in Arbeiter*innen mit deutschem Pass und migrantische Arbeiter*innen. Doch Rassismus ist keine Alternative – Unsere Alternative ist Solidarität!
- Die AfD gibt sich scheinbar sozial. Diese Taktik kennen wir aus der Geschichte der Nazis. Die NSDAP forderte vor 1933 den Ausbau der Altersversorgung und die Gewinnbeteiligung an Großbetrieben. Einmal an der Macht hat sie nichts davon umgesetzt. Der scheinbare „Sozialismus“ der Nazis war die Leimrute, um den Faschismus auch für ärmere Bevölkerungsschichten und die Arbeitnehmer*innen attraktiv zu machen. Doch wir alle wissen, dass die NSDAP ihre Macht dazu nutzte, Gewerkschaften und Arbeiterparteien zu verbieten und brutal zu zerschlagen. Wir werden nicht zulassen, dass die Geschichte sich wiederholt!
- Seit Monaten streitet sich die AfD intern um die Ausrichtung der Renten- und Sozialpolitik. Doch egal, ob neoliberale oder offen völkisch-nationalistische Stimmen gerade lauter schreien: Die AfD interessiert sich nicht dafür, wie ein gutes und würdevolles Leben für alle aussehen könnte. Sie will eine homogene Volksgemeinschaft, aus der alle ausgeschlossen sind, die nicht in ihr rassistisches, leistungsorientiertes und rückwärtsgewandtes Weltbild passen. Dem setzen wir unsere Vision einer solidarischen und grenzenlosen Gesellschaft entgegen!
- Wir wollen den Aufbau einer faschistischen Straßenbewegung stoppen. Wir wollen verhindern, dass die AfD wieder aus ihrer Krise rauskommt. Wir werden sie weiter gesellschaftlich ächten. Dafür brauchen wir breiten Protest der Vielen. Umso mehr freue ich mich, dass wir trotz der schwierigen Bedingungen hier ein kraftvolles Zeichen gegen die AfD setzen.